Manchmal schaue ich beim Schreiben meines Newsletters in den "Rückspiegel", eine Rubrik, in der ich beleuchte, was ich vor einem oder mehreren Jahren geschrieben oder im Podcast besprochen habe. Oft erschrecke ich, wie wenig sich bewegt – ausgerechnet beim Thema Mobilität!
Dabei kann Veränderung so viel Spaß machen, wenn wir das Auto von seinem Thron stoßen und das Kind stattdessen auf diesen setzen – oder besser gesagt kindgerechten Räume Priorität einräumen. Das Auto dominiert unser Leben. Doch was wäre, wenn wir weniger Wagen wagen? Eine Welt, in der wir dem Auto Platz und Bedeutung nehmen und mehr Raum für das wirklich Wichtige schaffen: Kinder!
Wie sähe eine solche Welt aus?
In der Stadt: Tempo runter, Freude rauf!
Kinder sind in ihren Bewegungen unberechenbar und voller Energie. Heute domestizieren wir sie „verkehrsgerecht“ – sie tragen Warnwesten, laufen brav in Zweierreihen und lernen, sich den Anforderungen des Autoverkehrs anzupassen. Aber warum nicht umgekehrt? In einer Stadt mit weniger Autos und weniger Geschwindigkeit könnten Kinder sich frei entfalten. Statt „Verkehrserziehung“ würden wir den Verkehr kindgerecht erziehen! Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Lärm, weniger Abgase und weniger Verletzte – eine lebenswerte Stadt für alle!
Ein Schritt mehr:
Lasst uns mutig sein und Autos aus dem öffentlichen Raum verbannen!
Stellen Sie sich vor: keine parkenden Autos mehr auf unseren Straßen! Paris macht es vor, indem es große SUVs stärker bepreist, doch wir könnten einen Schritt weitergehen. Was, wenn wir den öffentlichen Raum komplett zurückgeben? Stellplätze für Behinderte werden fest zugewiesen, Lieferdienste und Handwerker*innen könnten einfach per App reservieren, sodass die ewige Parkplatzsuche überflüssig wird. Wussten Sie, dass in manchen Städten über 40 % der Autowege nur für die Suche nach einem Parkplatz entstehen?
Die positiven Effekte wären enorm: mehr Platz für Menschen, grüne Flächen, nachbarschaftliche Begegnungen und eine lebendige, lebenswerte Umgebung.
Und auf dem Land?
Hier brauchen wir sichere Wege, auf denen Kinder selbstständig zur Schule oder Kita kommen. Wie wäre es mit „Walking Bussen“? Kinder gehen gemeinsam mit einem Erwachsenen von „Haltestelle“ zu „Haltestelle“ und kommen sicher ans Ziel. Wenn sie sicher auf dem Rad sind, könnte dieses Prinzip auch als „BiciBus“ funktionieren – eine Gruppe von Kindern fährt gemeinsam als Radkolonne. So schaffen wir sichere Mobilität, selbst ohne ausgebaute Radwege. Und wo es nicht anders geht, könnten Fahrgemeinschaften wiederbelebt werden – eine alte, aber wirkungsvolle Idee!
Die Vision einer Welt mit weniger Autos und mehr Freiraum ist nicht nur realistisch, sondern auch greifbar. Mit Lösungen wie Fahrgemeinschaften, „Walking Bussen“ oder auch CarSharing können wir diese Vision Wirklichkeit werden lassen. Alles beginnt mit kleinen Veränderungen, die „wir Großen“ bewirken können.
Über die Autorin
Katja Diehl ist Mobilitätsexpertin, Speakerin und Autorin und setzt sich für eine nachhaltige, inklusive Verkehrswende ein. Sie plädiert dafür, Mobilität von den Bedürfnissen der Menschen aus zu denken, statt dem Auto Vorrang zu geben. Mit ihren Büchern "Autokorrektur" und „Raus aus der AUTOkratie“ sowie ihrem Podcast "She Drives Mobility" schafft sie Bewusstsein für umweltfreundliche und sozial gerechte Mobilitätslösungen.
Text: Katja Diehl
Bilder: Dora Janowska, canva
Veröffentlicht am: 06.11.2024