Als vor 30 Jahren in Aachen das erste StadtteilAuto mit dem Namenszug beklebt wurde, konnten noch nicht viele Leute mit dieser Idee des „Autoteilens“ etwas anfangen. Die Vorstellung, kein eigenes Fahrzeug mehr als Garant für die Umsetzung spontaner Aktionen vor der Tür stehen zu haben, wirkte eher beunruhigend. Diesen fahrbaren, vertrauten Raum mit fremden Menschen zu teilen, erschien erst einmal wenig erstrebenswert. Heute ist es kaum noch aus dem Aachener Straßenraum wegzudenken.
Im November 1990 bringt der gemeinnützige Verein »StadtteilAuto Aachen« die ersten drei Gebrauchtfahrzeuge für seine Mitglieder zur gemeinsamen Nutzung auf die Straße. Der Verein gehört damit zu den Pionieren des CarSharing in Deutschland. Gut ein Jahr später wird die StadtteilAuto CarSharing GmbH gegründet.
Im Jahr 2000 schließt sich StadtteilAuto mit den Anbietern Stadtauto Bremen und STATTAUTO Köln zusammen. Seitdem tritt das Unternehmen unter dem Markennamen cambio auf. Als eigenständige GmbH im cambio-Verbund gehört cambio Aachen heute zu einem der führenden CarSharing-Anbieter in Deutschland.
Die Idee, Autos gemeinsam zu nutzen, entwickelte sich in den vergangenen 30 Jahren zu einer zukunftsorientierten und professionellen Dienstleistung. Heute teilen sich alleine in Stadt und Region Aachen etwa 12.500 Kunden rund 200 Fahrzeuge. Behörden, Unternehmen und soziale Einrichtungen gehören schon seit Mitte der 1990iger Jahre zum Kundenkreis. Das Umweltamt der Kreisverwaltung Aachen schloss 1998 als erste Behörde einen Rahmenvertrag zur dienstlichen Nutzung der CarSharing-Autos ab.
Heute nutzen etwa 25 Prozent der Aachener Kund*innen cambio auch oder ausschließlich geschäftlich. Sie ergänzen oder ersetzen ihren Fuhrpark durch die cambio-Autos an den nahegelegenen Stationen. Die Mischung aus geschäftlicher und privater Nutzung erhöht durch die zeitversetzte Nutzung das Fahrzeugangebot für beide Zielgruppen. Und die Fahrzeuge werden effizienter genutzt: Je nach Typ und Standort ist ein cambio-Auto zwischen 6 und 12 Stunden am Tag im Einsatz.
Weniger Aufwand und Kosten mit CarSharing
Finanziell betrachtet lohnt sich CarSharing für jeden, der weniger als 14.000 Kilometer im Jahr unterwegs ist. Es gibt aber auch Kund*innen, die deutlich mehr fahren. Für sie liegt der Vorteil des CarSharing in der Wahl unterschiedlicher Fahrzeugmodelle und im Komfort. Mit Pflege, Wartung und Werkstattfahrten haben cambio-Kunden nichts mehr zu tun. Das Vorhalten von Stellplätzen, was gerade bei Betrieben in den Innenstädten heftig zu Buche schlägt, ist nicht mehr nötig.
Bei der Berechnung der einzelnen CarSharing-Fahrten werden alle Autokosten, wie z. B. auch Kaufpreis und Steuer, mit einkalkuliert. Dadurch ergibt sich für jede Fahrt ein realistischer Kostenvergleich zum öffentlichen Verkehr. Die Nutzung von Bus und Bahn rückt also wieder mehr in den Fokus. Passend dazu sehen sich ASEAG und cambio schon seit 1995 als Kooperationspartner. CarSharing als Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs ist dort am erfolgreichsten, wo es einen guten öffentlichen Nahverkehr gibt.
Die Motiviation: Nicht Gewinnmaximierung, sondern eine lebenswertere Stadt
Die Grundidee des CarSharing war jedoch nicht in erster Linie darauf ausgerichtet, ein finanziell günstiges Angebot zu schaffen. Sie war vor allen Dingen umwelt- und verkehrspolitisch motiviert: Die Blechlawinen in den Straßen sollten weniger werden. Als Alternative zum privaten Autobesitz führt ein stationsbasiertes CarSharing zu weniger Flächenverbrauch durch parkende Autos in den Städten. Ein cambio-Auto ersetzt heute in Aachen nachweislich elf private Pkw, denn 24 Prozent der Neukund*innen schaffen ihr privates Auto tatsächlich ab.
CarSharing-Kund*innen setzen sich mit ihrer Mobilität häufig bewusster auseinander. Sie wählen Verkehrsmittel nach ihrem jeweiligen Bedarf aus. So entscheiden sie sich deutlich häufiger als Privatwagenbesitzer*innen für umweltfreundliche Alternativen wie das Fahrrad, den Bus oder die eigenen Füße.
Die Bilanz von 30 Jahren CarSharing in Aachen kann sich sehen lassen und erlaubt einen optimistischen Blick in die Zukunft.
Text: Gisela Warmke
Bilder: cambio
Veröffentlicht am: 21.09.2022